Über Sandro Halter – Ästhet, Freigeist, Vorausdenker
Was treibt uns täglich an? Was motiviert uns? Wie verbinden wir Leidenschaft mit Alltag?
Für viele von uns ist es das Skifahren. Frei sein am Berg, mit Freunden zusammen Abenteuer erleben. Diese tiefe Verbundenheit zu Bergen, Schnee und Sport. Als Kind hat man vielleicht davon geträumt, Abfahrtsläufer zu werden, oder später Athlet bei der Freeride World Tour. Dass es neben dem Rampenlicht noch andere Berufe gibt, in denen man sich ganz seiner Leidenschaft widmen kann, zeigt Sandro Halter.
Die Wurzeln
Sandro, 29 Jahre alt, wohnt mit seinen Mitbewohner*innen in einem kleinen Haus: „s’Bärgli“ von 1947, mitten im Dorf von Sarnen, Hauptort des Halbkantons Obwalden, Schweiz. Als Bub wollte er Bauer werden, dann Lastwagenfahrer und schließlich, als er durch seinen Schulfreund Urs zum Skifahren inspiriert wurde, natürlich Skifahrer. Sie fuhren Rails, übten Sprünge, bekamen durchs World Wide Web neue Inspiration und filmten sich dabei gegenseitig. Beide technisch sicher, merkte Sandro jedoch, dass Urs ihm immer ein Stück voraus war. Wenn er fiel, stand er wieder auf. Immer und immer wieder. Sandro entschied sich gegen die Freeski Laufbahn und begann eine Lehre zum Zimmermann. Er arbeitete tagtäglich mit Holz und schnell hatte er einen anderen Wunsch als Möbel zu fertigen: er wollte auf seinen eigens gefertigten Ski fahren. Auch hier begannen Urs und Sandro zusammen. Urs war jedoch schnell ungeduldig. Er wollte lieber in den Schnee. Sandro, der sich selbst als Tüftler bezeichnet, zeigte seinem Lehrmeister seine ersten Entwürfe und baute 2007 seinen ersten Freerideski in der Lehrwerkstatt Kerns.
Die Karriere
Heute ist Sandro seit einem Jahr selbstständig als Gestalter und Produktentwickler tätig, bietet Skibauworkshops an, produziert Skifilme über sich und seine Freunde auf Reisen. Er ist ein Freigeist. Seine Mitbewohnerin beschreibt ihn als Ästhet. Ästhetik, der Sinn für schöne Formen und Strukturen, spiegelt sich sogar beim „z’Nacht“, dem gemeinsamen Abendessen, wider. Seine Leidenschaft, das Skifahren, hat er über Umwege und viele Zufälle mit in den Kern seines Schaffens gebracht. Ob er sich das so hat ausmalen können, als er 2007 die Lehre begann? Sicher nicht. Er habe zuerst Hochbauzeichner werden wollen, wie sein älterer Bruder, habe dann die Bewerbungsfrist verpasst und sei so zur Zimmermannslehre gekommen. Auf die Frage, ob er an Zufälle glaubt, antwortet er: „Manchmal muss man bereit sein, dass Zufall stattfindet, bereit sein, Kontakte entstehen zu lassen.“ Sandro lebt im Flow des Zufalls.
Sandros Motivation besteht jedoch nicht nur aus Skifahren und Freisein:
„Ich habe am meisten Freude, wenn ich mit meinem Dienst jemanden glücklich machen kann. Sei es die Freude an einem Brotbrettli, jemandem zeigen, wie man seine eigenen Ski baut oder Menschen bei ihrer beruflichen Tätigkeit im Handwerk zu helfen.“ Sandro gibt gerne.
Die Inspiration
Wie er auf all seine Ideen käme? – mit Zeit. „Ein gutes Projekt braucht Zeit.“, sagt er. „Eine gute Idee erreicht man nicht mit Fleiß, man muss Mut haben Abstand zu nehmen.“ Wenn Sandro von Mut spricht, dann meint er damit den Mut als Selbstständiger schon am Nachmittag zu sagen „Ciao, ich geh eine Runde Skifahren“. Genau dann käme er am Abend auf die Idee, die noch gefehlt habe. Das ist Sandros Philosophie: Freiräume schaffen.
Man sieht das Kind in Sandros Augen. Er witzelt, die Augen glänzen. Er ist begeistert. Sandro sagt, das liegt an seinen Vorbildern und Mentoren, die ihm eine weisende Richtung geleitet haben. Urs ist einer davon. Und sein guter Freund Stebä, Imker aus dem Nachbardorf. Ganz sicher aber auch sein Mitbewohner Jonas. Der ist fünf Jahre älter, fotografierte schon früh Freerider wie Fabi Lentsch und brach zu Skiabenteuern als Filmer für Matthias Haunholder auf.
Die Filme
Die vergangenen Filmprojekte entwickelten die zwei in der Ideenschmiede des „Bärgli“ gemeinsam. Alaska 2014, Indien 2017. Jetzt hat Sandro sich das erste Mal allein getraut. „JAPAN – von Fräidä und Fründä“, übersetzt ins Hochdeutsche: „von Freude und Freunden“, ist entstanden. Ähnlich wie beim Skibau hat er sich das Wissen für die Videoproduktion selbst beigebracht – ein weiteres Standbein. Sandro lebt für die Abwechslung.
Film sei für ihn ein Medium, bei dem man einfach Start drücken könne und alles passiere. Mehrere Sinne würden auf einmal berührt: Hören und Sehen. Es geht ihm vor allem darum, Stimmungen festzuhalten, dem Zuschauer zu zeigen, dass man außerhalb der Komfortzone viel Spaß haben kann. Das geht allerdings nur mit den richtigen Leuten. Freunde, Heimat und Familie verwurzeln ihn und bringen ihn gleichzeitig an die entferntesten Orte der Welt.
Die Skischmiede
Vom ersten Ski als frischer Lehrling bis heute sind zwölf Jahre vergangen. Seit einem Jahr bietet Sandro professionelle Skibauworkshops an. „Unter all den Dingen, die man aus Holz herstellen kann, bauen wir mit besonderer Leidenschaft Ski.“ Es gibt zurzeit zwei verschiedene Formen: einen Powderboard-Shape mit Full Reverse Sidecut und einen All-Mountain/Freetouring-Shape. Diesen Winter möchte Sandro zusammen mit seinem Mitbewohner Jonas eine Presse für schmälere Ski erstellen. Zurzeit haben alle Modelle eine Mittelbreite von mindestens 115mm. Daran erkennt man: Der Workshop ist nicht aus einer Geschäftsidee entstanden. Die Shapes sind die, die Sandro seit 10 Jahren selbst nutzt. Die Idee, die Begeisterung vom Ski bauen zu teilen, kam erst viel später. Bei jedem Arbeitsschritt wächst die Vorfreude – auch bei Sandro.
Die Zukunft
Sandro sieht sich selbst immer noch am Anfang. Ihm fehle finanzielle Sicherheit im Vergleich zu den geregelten Einkommen seiner Freunde. Das Privileg der Selbstständigkeit, den abwechslungsreichen Alltag, die Freiheiten in der Gestaltung seiner Projekte und Kooperationen, und die Ideensuche möchte er nicht missen. Sein härtester Kritiker ist immer er selbst. Da möchte er versuchen, in Zukunft ein wenig milder mit sich zu sein. Die Präzision und den Perfektionismus mit der er Ski baut, Filme schneidet oder auch Schweizer Älplermägrönen, ein Älpler Gericht vom Feuer aus Maccaroni, Kartoffeln, Rahm, Zwiebel und Alpkäse, kocht, werden ihn immer begleiten.
Weiterführende Links
FILME
– Camping with Northern Lights
– s’Porridge Huisli ufem Tharang Gletscher
– AKTUELL: JAPAN – vo Friädä und Friundä – Trailer
Der aktuelle Film JAPAN – vo Fräidä und Friundä wird kostenfrei am 20.12.19 in Sarnen im neuen Pop Up Store Pilatus gezeigt
WORKSHOP & PRODUKTE
https://sandrohalter.ch/workshops/?product=70
Photo Credit: Robert Bachmann aka. Der Brecher