RING THE ALARM
TANNER HALL VERÖFFENTLICHT SEIN 2-JÄHRIGES FILMPROJEKT
Text: Janek Vöhringer
Keine zehn Sekunden dauert es. Nach dem altbekannten Inspired Logo ertönt wie erhofft der gute alte Cali-P Dancehall und im Einklang mit der Musik knallt der Skiboss die ersten AK-Lines auf den Bildschirm, dass einem das Wasser im Munde zusammenläuft. Wie zu erwarten war, gönnt sich Tanner in seinem eigenen Film natürlich die Eröffnungssequenz. Logisch denkt sich unsereins – doch schaut man sich die Riderliste an, fällt auf, dass diese mit stattlicher Prominenz gesegnet ist. Namen wie John Spriggs, Sam Cohen, Todd Ligare und Sammy Carlson sind mit von der Partie. „Ring the Alarm“ heißt der Streifen. Die Produzenten geben sich alle Mühe, dies mit einer tickenden Uhr zu untermauern: es Zeit ist aufzuwachen. Wer nicht alarmiert ist, wenn der Skiboss seinem Namen alle Ehre macht, für den ist freeridetechnisch betrachtet eh alles zu spät. Bild für Bild demonstriert er sein unglaubliches Talent, stets gepaart mit einer gehörigen Brise an Lebensmüdigkeit. Doch keine Zeit für Müdigkeit – anstatt nach dem Auslösen einer Lawine das Weite zu suchen, fährt er ohne mit der Wimper zu zucken unter den bangen Blicken der Filmcrew in die rutschenden Schneemassen. Mit erhobenen Armen fährt er aus dem Hang. Da haben die Alarmglocken ganz schön geläutet. Kurz fragt man sich – war das noch cool, oder einfach viel zu eng?
Natürlich dürfen bei Tanner Hall auch die selbst geschaufelten Kicker nicht fehlen. Mit Freunden auf dem Berg abhängen, Skifahren und das Leben genießen. Das ist die Philosophie des Skiboss. Schade, dass Tanners Freundin nur eine einzige schnulzige Szene abbekommen hat, in der die beiden Hand in Hand am Strand zu sehen sind. Mit Skiern an den Füßen hätte sie uns besser gefallen.
„Best Place in the world“
Dass die Retallack-Lodge einmal mehr nicht ohne Schleichwerbung davonkommen würde, war wiederum auch vor dem Betätigen des Play-Buttons klar. „Best Place in the world“ für Tanner. Bei diesen atemberaubenden Bildern fällt es allerdings auch nicht schwer ihm das zu glauben. Für den besten Part im Film packt sich Tanner eine Drohne in den Pistenbulli. Das Ergebnis dieser Konstellation kann man sich ausmalen. Wir verraten nur so viel: Das LVS über dem 5XL Talltee – eine Augenweide.
Nach guten drei Vierteln ist der Film immer noch nicht langweilig, Tanner und seine Crew begeistern mit Kreativität und Herzblut. Unsere Vorfreude endlich selber wieder auf den Brettern zu stehen, wächst ins Unermessliche. Allerdings: für was genau der Alarm jetzt klingelt, wird bis zum Ende des Films nicht klar. Auf die Umwelt acht zu geben, da unser Sport vom Schneesterben bedroht ist, scheidet definitiv aus. Exorbitant oft flattern die Heli-Rotorblätter durchs Bild. Auch Tankvorgänge stellen für die Filmcrew primär nur attraktives Bildmaterial dar. Zugegeben: ohne Tanners Film hätte die Skiwelt sicherlich einen Leckerbissen weniger. Dennoch schrillen bei uns die Alarmglocken, wenn der Helikopter zum Hauptverkehrsmittel in den Bergen mutiert.