Nach der Bekanntgabe des Verkaufs von K2, Völkl & Co durch Newell Brands ist ein Fortbestehen der Firmen dennoch gesichert
Kommentar von Janek Vöhringer
Die erste Pressemitteilung der Newell Corporation löste in der Ski-Szene eine Welle der Gerüchte und eine gehörige Portion Panik aus. Der Konsumgüterkonzern Newell Brands verkündete eine radikale Umstrukturierung, der mehrere seiner namhaften Unternehmensgruppen wie Völkl Marker Dalbello, sowie K2 zum Opfer fallen sollten. Sollte sich kein Käufer finden, würde Newell die Firmen schließen, so hieß es. Dies revidierte der Konzern nun aber in einer zweiten Stellungnahme und versicherte ein Fortbestehen der Traditions-Marken. Der Verkauf der Firmen habe nichts mit wirtschaftlichen Gründen zu tun, Auswirkungen für Handel und Konsumenten gebe es keine, so hieß es vergangenen Donnerstag. Wer die Marken kaufen soll, ist im Moment dennoch unklar.
All diese Firmen haben neben ihrem Geschäftsfeld eine weitere Gemeinsamkeit, nämlich deren Inhaber. Sie stehen im weit gefächerten Portfolio des amerikanischen Konsumgüter-Giganten Newell Brands, nachdem dieser unter dem Namen „Newell Rubbermaid“ im Frühjahr 2016 den vorherigen Besitzer der oben genannten Outdoor-Firmen „Jarden Corporation“ für 15 Milliarden US-Dollar übernommen hatte. Nun verkündete die Gesellschaft durch Newell Brand CEO Michael Polk eine Portfolio-Minimierung auf „diejenigen Firmen mit dem größten Potential für Wachstum und Wert“, mit dem Hauptziel der Schuldentilgung. Ganze neun Mitglieder des Wintersport-Segments und damit knappe zehn Prozent des Firmenportfolios sollen bis Mitte 2017 verkauft werden. Für die Skiindustrie einige ihrer größten Namen, jedoch „nur zehn Prozent“ für den gigantischen US-Konzern. „Das sind Unternehmen, die sich nur schwer verkaufen lassen und deshalb sollten wir sie einfach schließen, weil sie keinen Mehrwert schaffen und für uns nur Ablenkung darstellen“, sagte CEO Polk im September auf einer Pressekonferenz – und trat damit die Gerüchte-Lawine los. Für Newell nur eine Optimierung der eigenen Situation, für die Skibranche wäre es ein Desaster. Ungleiche Verhältnisse also, bei denen Newell am längeren Hebel sitzt und die Geschehnisse kontrollieren kann. Verkaufen will Newell die Wintersportfirmen jedoch nur im Gesamtpaket, was die Käufersuche nicht gerade erleichtern dürfte.
Doch vorerst heißt es: Aufatmen! Newell hat dementiert die Firmen zu schließen, falls sich kein Käufer findet. Das Worst-Case-Szenario ist unwahrscheinlich geworden, dennoch bleibt ein fader Nachgeschmack. Denken wir als Wintersport-Fanatiker das Szenario einer Schließung dieser Firmen zu Ende, drohen große Veränderungen. Das Gefühl von der mächtigen Entscheidungsgewalt eines einzigen Unternehmens abhängig zu sein sorgt nicht gerade für Seelenruhe. Viele Menschen würden unter einer Schließung der Firmen leiden. Tausende würden ihre Arbeitsplätze, Medien ihre Werbeeinnahmen und die Ski-Szene Hersteller mit Kultstatus verlieren. Nicht auszumalende Auswirkungen, die zum Glück momentan vom Tisch sind. Warum jedoch müssen sich Firmen größeren Konzernen anschließen – und warum gibt es immer weniger unabhängig agierende Firmen, die ihre Produkte gewinnbringend verkaufen können?
Seit seinen jungen Jahren steht Sean Pettit auf Latten von K2. Hoffen wir dass es so bleibt.
Credit: Blake Jorgenson/Red Bull Conten Pool
Am Beispiel der zum Verkauf stehenden Ski-Brand K2 wird deutlich, dass die Erderwärmung und auch der Preisdruck und Wertverfall im Handel Firmen dazu zwingen kann, Allianzen mit Konzernen wie Newell einzugehen. Seit mehreren Jahren dünnt die US-Firma aus. Produktionsstätten in China, die Schließung des symbolischen Headquarters auf Vashon Island und langsam aber sicher das immer kleiner werdende Budget für das Athleten-Sponsoring. Von Pionieren wie Glen Plake im Jahre 2006 bis hin zu aktuellen Teamridern wie Seth Morrison, Andy Mahre und Kelly Sildaru schmelzen die Stars aus Sparzwang wie Schneeflocken von den Sponsoringlisten. Die Vorteile für Firmen, sich einem größeren und finanzstärkeren Partner anzuschließen liegen vor allem in der Risikominimierung. Falls ein schlechter Winter droht, kann der größere Konzern schlechte Umsätze durch ein höheres Grundkapital besser kompensieren als eine Unternehmensgruppe in der Größe von K2. Zudem ist die Outdoor-Branche stark wetterabhängig – also schwer berechenbaren Rahmenbedingungen ausgesetzt. Um eine umsatzschwache Saison besser ausgleichen zu können bietet sich ein Zusammenschluss mit einem Konzern wie Newell Brands durchaus an.
Eine weitere Möglichkeit, die sich kleineren Unternehmen bietet, wird am Beispiel der Firma Scott deutlich. Im Februar 2015 verkaufte Scott Chef Beat Zaugg, bis dato Inhaber von 100 Prozent der Firmenanteile, die Mehrheit seiner Firma für umgerechnet 124 Millionen Euro an Koreas größten Anbieter von Outdoor-Ausrüstung. Die koreanische Firma Youngone Corporation ist somit im Besitz von 50,1 Prozent der Scott Sports GmbH. Die anderen 49,99 Prozent gehören weiterhin Beat Zaugg, der sich über mehrere Jahre mit privatem Vermögen Anteile der Firma sicherte. Nicht gerade eine alltägliche aber dennoch eine effektive Möglichkeit für kleinere Unternehmen durch einen Verkauf von Firmenanteilen neue Investitionen tätigen zu können. „Mit diesem Schritt erhält Scott eine breitere Basis und das ganze Risiko liegt nicht mehr alleine auf meinen Schultern“, erklärte Zaugg damals sein Vorgehen. Somit bot sich Scott die Möglichkeit, die Einnahmen des Anteil-Verkaufs zu reinvestieren. Bereits im Juni 2015 kaufte die Firma den Bike-Hersteller Bergamont. Im Oktober 2015 wurde der italienische Bekleidungshersteller Dolomite von der Technica-Gruppe übernommen. Ein kluger Schachzug, der Scott die Wirtschaftlichkeit, sowie den Erhalt von Firmen-Strukturen und der Unternehmens-Philosophie ermöglichte.
Unter dem Einfluss von Konzernen, Aktienmärkten und Unternehmern besteht jedoch auch die Gefahr, dass ein Stück der Philosophie des Skifahrens verloren geht. Firmen wie K2 oder Völkl Marker Dalbello, die den Spaß am Skifahren in ihren Produkten ausdrücken und sich im Laufe der Zeit einen Ruf erarbeitet haben, müssen sich im Haifischbecken mit Konzernen und Investoren frei schwimmen – oder werden geschluckt. Die Großen können das Schicksal einer Szene bestimmen, die zusehen muss wie die Freiheit des Sports gegen wirtschaftliche Sicherheit eingetauscht wird. Doch wieviel bringt die Freiheit, wenn die finanziellen Sorgen überwiegen? Der letzte Ausweg, sich einem Konzernriesen anzuschließen bringt eben entscheidende Vorteile mit sich. Der Größte ist dabei das Fortbestehen der Firma.
Eine Übernahme ist für die finanzschwächeren Unternehmen also auch eine logische Konsequenz, die Chancen eröffnet. Die Chance, dass ein neuer Käufer eine Firma mit Herzblut und Kapital wieder konkurrenzfähig macht, ihr neues Leben einhaucht, im Idealfall mit Erfahrung und Infrastruktur eine neue Perspektive eröffnet. Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden renommierten Unternehmensgruppen ein neues Dach über dem Kopf bekommen und bislang hat sich immer ein wirtschaftlich starker Käufer gefunden. Doch was bedeutet diese Meldung aktuell für uns? Im nächsten Jahr wird sich nichts an der derzeitigen Situation ändern. Weder für den Handel noch für den Konsumenten haben die aktuellen Meldungen Auswirkungen. Durch die unglücklichen Formulierungen zu Beginn der Debatte wurden Wellen geschlagen, die es nicht gebraucht hätte denn im Grunde entwickeln und produzieren die Firmen nach wie vor in gewohnter Masse, das Feedback von Händlern und Kunden ist gut und die Mitarbeiter starten motiviert in die neue Saison.
Abwarten lautet die Devise also erstmal. In der Hoffnung, dass die Firmen mit allem was dazu gehört noch lange Teil unserer Szene bleiben.
Text: Janek Vöhringer
Bild: Red Bull Content Pool