Die volle Drohnung
Ein Blick in die Zukunft
Drohnen bestimmen immer mehr den Markt für Actionkameras. Janek Vöhringer wagt einen Blick in die Zukunft und beschreibt wie die Flugobjekte vermehrt unser Erlebnis am Berg prägen könnten.
Text: Janek Vöhringer
2018
Von Weitem erinnern die unscheinbaren Objekte über den Köpfen zahlreicher Wintersportler ein wenig an einen Heiligenschein. Je näher man kommt, desto klarer wird jedoch, dass es sich hierbei wohl doch nicht um einen Betriebsausflug des Vatikans handelt. Es sind Drohnen, die vergeblich versuchen ein ungestörtes Bild ihres Besitzers auf die SD-Karte zu quetschen. Ohne, dass ein anderes Flugobjekt durchs Bild rast, ist dieses Vorhaben jedoch fast nicht mehr umzusetzen. Auf den Bergen herrscht reger Flugverkehr. Helmkameras sind endlich out und auch der letzte Nicht-Drohnen-Besitzer hat spätestens seit diesem Winter einen fliegenden Filmroboter über sich. Das einzige Überbleibsel der Oldschool-Kameras sind die Halterungen auf den Helmen. Die Zehn FIS-Regeln mussten zwangsläufig um fünf neue Drohnen-Regelungen erweitert werden. An entspanntes Skifahren ist kaum noch zu denken. Um das nervige Summen aus den Ohren zu bekommen, muss man weit laufen oder die Musik in den Kopfhörern auf Anschlag drehen.
2021
Majestätisch liegt der riesige Gletscher unter den Gondelmasten. Sanft gleitet die Kabine über den letzten Felsvorsprung vor der Bergstation. Die Sonne scheint ins Innere der Gondel und lässt die Vorfreude auf die bevorstehende Abfahrt steigen. – BUMM, ein dumpfer Knall. Die Gondel gerät ins Schwanken. Mit voller Geschwindigkeit klatscht eine 1,5 Meter große Drohne gegen die Plexiglaß-Scheibe des Drahtseil-Gehänges. Plötzlich verdunkelt sich der Himmel. Ein immer lauter werdendes Brummen kündigt Gefahr an. Dann tauchen sie auf: Ein ganzer Schwarm aus Drohen fliegt direkt auf das Gletscher-Gebiet zu. Von den Sonnenstrahlen ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen bewegt sich ein gigantischer Schatten gen Norden, mit dem einzigen Auftrag, die langen Jahre der Knechtschaft zu rächen. Die Drohnen sind gekommen, um die Menschheit auszurotten.
„Ab 20. November 2021 im Kino“, ertönt eine tiefe männliche Stimme aus dem TV-Gerät. „Die Rache der Drohnen“.
2027
Nachdem die Essensräume der Skihütten schon ab 10:30 Uhr hoffnungslos überfüllt waren, hakten die Betreiber der Berg-Gastronomiebetriebe nach und entdeckten schnell das Problem. Nicht etwa steigende Besucherzahlen in den Skigebieten waren das Problem, sondern die Drohnen. Um den motorisierten Begleitern die Stromversorgung zu ermöglichen, blockierten viele deutsche Touristen schon am Vorabend die vorhandenen Steckdosen mit Kleidungsstücken. Ab September soll nun der erste eigene Laderaum für Drohnen eingeweiht werden. Die Verantwortlichen kündigten online reservierbare Ladestationen und moderne Hochleistungssteckdosen an. Diese Entwicklung bewegte ein amerikanisches Start-up Unternehmen dazu, eine Marktlücke zu füllen. Mit der Entwicklung von Ultra-Powerbanks soll die Akkukapazität von Drohnen nun dauerhaft unterstützt werden und so einen Sportgenuss ohne Ladepause ermöglichen. In der Mini-Version sind die Hochleistungs-Powerbanks jetzt schon in der 2 auf 1-Meter-Ausführung verfügbar. Die portable Version wiegt gerade einmal 47 Kilo. Die Ultra-Powerbank als Schlitten hinter sich herziehen, eine Aufgabe die der unsportliche Kumpel übernehmen könnte, um endlich seinen Couchpotato-Status loszuwerden.
2043
An den Frühstückstischen der Hotels in beliebten Alpenorten wie Chamonix wurden die morgendlichen Wetterprogramme im Fernsehen längst durch das Smartphone ersetzt. Nicht etwa Wetterbericht lesen, nein. Auf eigene Faust erkunden die Wintersportler die Wetterverhältnisse im Gebiet. Das Smartphone zeigt die Übertragungsbilder der Drohne, die vor knapp fünf Minuten vom Hotelbalkon auf Zimmer 51 startete. „A bissl Wind hats scho“, wirft der erfahrene Bergführer ein, als er dem Kölner Bank-Manager bei seinem morgendlichen Wetter-Erkundungsflug von der Hotellounge aus über die Schulter auf sein iPhone linst. Besitzer von solch stark motorisierten Drohnen sparen sich neben der musikalischen Untermalung der morgendlichen Wetterkanäle zusätzlich die Liftkosten. Die nagelneue Personen-Beförderungsfunktion der neuen Power-Quad 6.17 von Drone-Industries lässt Liftbetreiber und vor allem deren Umsätze ganz schön alt aussehen. In Höchstgeschwindigkeit überholt die 6.17 die Gondel zur Aiguille du Midi und spart dem betuchten Besitzer lästiges Anstehen, Ski Abschnallen und Treppen laufen. Bis zu 200 Kilo schleppt sie problemlos zum Pistenanfang. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Skigebiete Umsatzeinbußen im Liftticketverkauf verzeichnen müssen.
2049
Die hochpreisigen Drohnen-Modelle verfügen ab 2048 über ein automatisches Abwehrsystem. Für lächerliche 10.000 Euro Aufpreis erhält man eine Ultralight-Laserkanone pro Drohne dazu. Kommt ihr eine andere Drohne zu nahe, wird diese automatisch abgeschossen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. „Sorry du bist zu billig“ ertönt nach dem Abschuss der computer- animierte Audio-Denkzettel aus den Bose-Lautsprechern. Mehrere Skigebiete mussten ihren Betrieb vorübergehend einstellen, um Einschusskrater wieder aufzufüllen. Die Zahlen der Wintersportler sinken dadurch drastisch und selbst begeisterte Ski-und Snowboardfahrer geben ihr Hobby auf, seit Luftgefechte direkt über ihren Köpfen stattfinden. Ein neues Drohnen-Modell aus den USA verfügt jetzt über einen Fangarm, der kleinere Drohnen fängt, zerquetscht und automatisch zur nächsten Altmetallsammelstelle fliegt.